Die besten Tipps von Verschraubungsexperten
Bolted hatte die einzigartige Gelegenheit, Japans führenden Experten für Schraubenverbindungen, Doktor Tomotsugu Sakai, zu treffen. Sein Buch „Bolted Joint Engineering – Fundamentals and Applications“ gilt nach wie vor als Standardwerk auf dem Gebiet geschraubter Befestigungen.
Wie definieren Sie eine ideale Befestigung, auf die Sie auch in Ihrem Buch eingehen?
„Im Idealfall sollte eine Befestigung auf der Verwendung von weit verbreiteten, standardisierten Befestigungselementen basieren und nicht auf individuell konstruierten Teilen. Noch wichtiger aber ist, dass die ideale Befestigung eine Schraubenbefestigungskonstruktion gewährleisten sollte, die zu keiner Art von Versagen führt. Die gesamte Gestaltung eines Produktes verliert ihre Gültigkeit, wenn auch nur ein einziger Ausfall auftritt. Jeder einzelne Aspekt muss beachtet werden. Für mich ist eine „Beurteilung ohne jede Auslassung“ am wichtigsten.
Ist es von Vorteil, Schmiermittel bei der Schraubenbefestigung zu verwenden?
„Ja, wenn die befestigten Objekte nicht gegeneinander gleiten, ist die Verringerung des Reibungskoeffizienten in jeder Hinsicht vorteilhaft. Wenn sich die befestigten Objekte in einer „Lockerungsumgebung“ befinden, ist deren Lockerung wahrscheinlicher, wenn der Reibungskoeffizient niedrig ist, aber dies führt nicht notwendigerweise zu einer Lockerung.
In einer „Lockerungsumgebung“ befinden sie sich dann, wenn sie durch eine Kraft, die einen bestimmten Grenzwert überschreitet, gezwungen werden, gegeneinander zu gleiten.
Wie führen von außen einwirkende Kräfte zum Gleiten, basierend auf Scherrichtung, Axialrichtung und Torsion?
„Wenn eine äußere Kraft in Scherrichtung einwirkt, führt sie zum Gleiten. Wirkt sie in axialer Richtung ein, trennen sich die befestigten Objekte voneinander – Separation. Unter diesen Bedingungen gilt, je niedriger der Reibungskoeffizient in der Trennfuge, desto wahrscheinlicher ist ein spontanes Lösen.
Beim Schreiben von „Bolted Joint Engineering – Fundamentals and Applications“ habe ich die konventionelle Sicht des Gleitphänomens verwendet, die das Gleiten von befestigten Objekten auf der Kontaktfläche erklärt – das sogenannte „Makrogleiten“. Das kann mit bloßem Auge beobachtet werden, da diese Art von Gleiten für eine visuelle Bestätigung nur 0,1 mm betragen muss. Um das Jahr 1988 wurde festgestellt, dass vor dem Makrogleiten ein nicht sichtbares „Mikrogleiten“ auftritt, das eine Drehung bewirkt, die so mikroskopisch klein ist, dass sie nicht mit bloßem Auge bestätigt werden kann, egal ob sie in Lockerungsrichtung oder nicht erfolgt. Dieses Phänomen, „Mikrogleiten“, verursacht eine allmähliche Abnahme der Axialkraft. Es wurde erstmals in einem Artikel im ‚Journal of the Japan Society for Precision Engineering‘ vorgestellt.“
„Wenn befestigte Objekte miteinander in Kontakt sind, kann der Gleitwert eines bestimmten Abschnitts der Kontaktfläche oder anderer Abschnitte durch herkömmliche Experimente nicht gemessen werden. Aber alle diese Werte lassen sich mithilfe der Finite-Elemente-Methode, FEM, berechnen. Sie wird etwa seit dem Jahr 2000 in der Befestigungsindustrie verwendet und kommt heute bei den meisten Forschungsarbeiten über Verbindungselemente mit Gewinde zum Einsatz. In einem Artikel von Doktor Satoshi Izumi et al. aus dem Jahr 2006 wurde die Entdeckung bekanntgegeben, dass nicht beim Makrogleiten (deutliches, sichtbares Gleiten), sondern beim Mikrogleiten (nicht sichtbares, mikroskopisch kleines Gleiten) eine allmähliche Drehlockerung auftritt. Als ich den Artikel zum ersten Mal las, war ich schockiert; er besagt, dass ein wiederholtes Auftreten von Mikrogleiten zu einer mikroskopisch kleinen Drehlockerung in einer Größenordnung von 1 Grad pro 1.000 Mal oder 1/1000 Grad bei jedem Mal führt. Eine Drehung um 1/1000 Grad ist mit bloßem Auge nicht erkennbar. Mit der Finite-Elemente-Methode kann sie jedoch perfekt untersucht werden und es wurde nachgewiesen, dass Mikrogleiten eine Drehlockerung verursacht. Nun war ich in Schwierigkeiten! [lacht] Die Ergebnisse stellten das Konzept eines kritischen Gleitwertes auf drastische Weise in Frage.
Ich hatte gedacht, dass Mikrogleiten zwangsläufig zu Reibverschleiß führt, zog jedoch nicht in Betracht, dass es eine Drehlockerung bewirken könnte. Zu dieser Zeit hatte ich keine Möglichkeit, das zu testen. Es war eine Erfahrung, die mir die Augen geöffnet hat.”
Fakten: Mikrogleiten
Ein Gleiten, das mit bloßem Auge nicht sichtbar ist. Es verringert nach und nach die Klemmkraft und kann letztlich zu einer sichtbaren Drehlockerung (Makrogleiten) führen. Auch Setz- und Relaxationserscheinungen des Materials können die Klemmkraft herabsetzen. Um beiden Arten des Gleitens entgegenzuwirken, hat die Nord-Lock Gruppe die X-series Keilsicherungsscheiben entwickelt. Durch ihre Federwirkung wird Klemmkraftverlust vermieden, während die Keilwirkung ein spontanes Lösen und eine Lockerung der Schraube verhindert.
Facten: Doctor Tomotsugu Sakai
- 1941 – Geboren in Okazaki City, Japan
- 1979 – Erhält nach der Arbeit für die Toyota Motor Corporation seinen Doktortitel in Maschinenbau; beschäftigt sich vor allem mit der Festigkeits- und Dauerbelastungsprüfung, Forschung und Entwicklung von verschiedenen Automobilteilen.
- 2001 – Wechselt zu Toyota Techno Service Corp und ist dort für die Weiterbildung und technische Beratung auf dem Gebiet von Schraubenverbindungen zuständig.
- 2007 – Geht in den Ruhestand und gründet die Firma „Sakai Consulting Office on Bolted Joint Engineering“, in der er sich bis heute auf die technische Beratung und Ausbildung im Bereich Schraubenverbindungen konzentriert.