„Intelligente Schrauben wären für die Industrie wirklich interessant“
Wenn es um die Vorsorgeuntersuchung einer in die Jahre gekommenen Brücke geht, ist Professor Raid Karoumi der Arzt des Vertrauens. Als ausgewiesener Experte auf dem Gebiet hat Karoumi zahlreiche Verfahren für die Strukturüberwachung und Schwingungsanalyse von Brücken entwickelt. Aktuell arbeitet er an wegweisenden Forschungsprojekten mit Sensoren und künstlicher Intelligenz, um Brücken auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten.
Wie wirken sich Schraubenverbindungen auf die Lebensdauer, Sicherheit und Instandhaltung von Brücken aus?
Meiner Meinung nach sind Schraubenverbindungen besser als Schweißverbindungen. Beim Schweißen treten immer Mängel und Spannungskonzentrationen auf, was diese Verbindungen sehr anfällig für Materialermüdung macht. Schraubenverbindungen ermöglichen zudem eine gewisse Bewegung, wodurch viel mehr Energie abgeleitet werden kann und folglich eine höhere Dämpfung erzielt wird. Auch die Montage und Verbindung von Fertigteilen ist mit Schraubenverbindungen viel einfacher, vor allem im
nordischen Winter, wenn es oft zu kalt für Schweißarbeiten ist.
Welche Probleme treten bei Schraubenverbindungen auf und wie werden diese heute gelöst?
Losdrehen durch Schwingung, Ermüdung und Korrosion zählt zu den größten Problemen, die sich natürlich durch Nachziehen, Wartung und Behandlung lösen lassen. Etwas, das für die Industrie wirklich interessant sein könnte, um diese Probleme in der Zukunft anzugehen, wären intelligente Schrauben. Sensoren könnten uns dann in Echtzeit Auskunft über den Zustand der Schraube geben und signalisieren, wenn diese ihre Lebensdauer erreicht hat oder nachgezogen werden muss.
Wie wirkt sich Schwingung auf Brücken aus und welche Probleme ergeben sich daraus?
Schwingungen können problematisch sein, nicht nur für den Komfort von Insassen und Fußgängern, sondern auch im Hinblick auf die Sicherheit. Hohe Schwingungspegel auf einer Eisenbahnbrücke verringern zum Beispiel die Stabilität der Schienen und können dazu führen, dass ein Zug entgleist. Brücken, die starken Schwingungen ausgesetzt sind, erfordern außerdem mehr Instandhaltung, Reparatur und Nachrüstung.
Arbeiten Sie gerade an irgendwelchen interessanten Projekten?
Wir haben ein drahtloses intelligentes Überwachungssystem entwickelt, um ein künstliches neuronales Netz zur Erkennung optimaler Brückenzustände zu trainieren. In der Zukunft wird das Netz neue Messungen mit diesen alten Daten vergleichen, sodass wir Änderungen und Verschlechterungen viel früher erkennen können als wenn wir nur auf die Signale oder die Struktur achten.
Haben Sie weitere Innovationen in der Pipeline?
Für ein Eisenbahnbrückenprojekt, an dem wir gerade arbeiten, haben wir ein Gerät installiert, das Schwingungen von den Schienen in Energie umwandelt, die dann zum Laden der Batterien des Überwachungssystems genutzt wird. Da das System die Energie aus der Schwingung zieht, funktioniert es gleichzeitig auch als Dämpfer auf der Brücke. Wir hoffen, diese Form der Energiegewinnung auch für andere spannende Innovationen nutzen zu können – zum Beispiel zum Heizen der Fahrbahn einer Straßenbrücke, um Unfälle bei Glätte zu verhindern.
Name: Raid Karoumi
Titel: PhD, Professor of Bridge Engineering and Head of Department, Structural Engineering and Bridges, KTH Royal Institute of Technology, Stockholm
Alter: 54
Ausbildung: MSc in Engineering from KTH Royal Institute of Technology in Stockholm
PhD in Structural Engineering and Bridges from KTH Royal Institute of Technology in Stockholm
Beruflicher Hintergrund: Konstruktionsberater für Gebäude und Brücken
Leidenschaft: Autos, vor allem Sportswagen