Dauerhaft fester Halt
Bei Schraubenverbindungen besteht ständig die Gefahr von Setzerscheinungen, Relaxation und Kriechen, wobei auch nur ein minimales Lockern oder Lösen potenziell fatale Folgen haben kann.
Stellen Sie sich vor, was passieren würde, wenn sich bei einem Kran eine Schraube lösen und hierdurch eine 10 t schwere Last auf Passanten auf der Straße herunterfallen würde. Oder wenn aufgrund einer lockeren Schraubenverbindung an einer Leiter in einer Überlandleitung in einem städtischen Gebiet für mehrere Tage der Strom ausfällt?
Schrauben sind bedeutende Komponenten, die viele wichtige Produkte in unserem Alltag zusammenhalten. Sie müssen robust genug sein, um unterschiedlichsten Wetterbedingungen, extremer Beanspruchung und bisweilen auch einer nicht korrekten Montage zu widerstehen. Und nur zu häufig müssen sie all das oben genannte aushalten, was dazu führt, dass sich Schrauben bisweilen lösen oder lockern können. Im Laufe der Zeit können die kaum merkbaren Veränderungen in den Schraubenverbindungen zu Defekten führen und teure, zeitintensive und im schlimmsten Fall gefährliche Situationen nach sich ziehen.
Physiker und andere Experten versuchen seit Jahren, Lösungen zu entwickeln, die das Lockern, die Relaxation und das Kriechen von Schraubenverbindungen verhindern. Kürzlich wurde der Einsatz von Schraubenverbindungen in der Schwerindustrie untersucht, in der das Risiko des Lösens aufgrund von Vibrationen und dynamischen Lasten durch spontane Bewegungen wie Windlasten und fehlerhafte Verwendung besteht.
Zwei Begriffe, Setzerscheinungen und Relaxation tauchen häufig auf, wenn das Versagen von Schraubenverbindungen diskutiert wird. Unter Setzerscheinungen versteht man die Anzahl Mikrometer, die zwischen den Kontaktflächen in der Verbindung verloren gehen, z. B. die Anpassung der Oberflächenrauheit. Relaxation wird vor allem durch die Relaxation des gedehnten Materials verursacht, die im Laufe der Zeit auftritt. Die Schrauben oder die geklemmten Teile können ihre elastische Rückdehnung verlieren, was zu einem Verlust der Vorspannung in der Schraubenverbindungen führt.
„Die Herausforderung liegt darin, die Dehnung der Schraube und den Kompressionsverlust in den Komponenten ins Gleichgewicht zu bringen“, erklärt Maxime Thonnerieux, Global R&D Director bei Nord-Lock. „Wenn Sie aufgrund von Setzerscheinungen Mikrometer verlieren, wirkt sich dies auch auf die Dehnung der Schraube aus, da alles zusammenhängt. Die Herausforderung für unsere Kunden besteht zunächst darin, herauszufinden, ob es in ihren Schraubenverbindungen zu deutlichen Setzerscheinungen kommt oder nicht.“
Wenn der Kunde mit Setzerscheinungen oder Relaxation konfrontiert wird, da auf eine adäquate Schraubensicherungslösung verzichtet wurde, liegt laut Thonnerieux die nächste Herausforderung darin, wie das Problem zu lösen ist. „Wenn die Verbindung zugänglich ist, kann sie nachgespannt werden, wenn der Kunde das Problem erkannt hat, dies ist jedoch ein zeitintensiver Prozess. Leider ist es häufig so, dass der Kunde das Problem erst dann erkennt, wenn die Situation bereits eskaliert ist.“
Wolfgang Troppauer, Innovation Director, der seit mehr als 22 Jahren beim österreichischen Unternehmen Mosdorfer mit Halterungen von Überlandleitungen im Energiesektor arbeitet, weiß aus eigener Erfahrung, wie die Kombination von Kriechen und mangelhaften Installationstechniken die Funktion der Stromleitungen in Asien gefährdeten. Dies ist einer der Gründe, warum das 300 Jahre alte Unternehmen das Problem des Kriechens ernst nimmt.
„Das Phänomen lockerer Schrauben trat tatsächlich vor einiger Zeit auf“, berichtet Troppauer. „Die Kombination von einer einfachen Schrauben-Unterlegscheiben-Verbindung und einer mittelmäßigen Installation durch den Monteur vor Ort führte zu unzureichendem Vorspannung und somit langfristig zum Versagen der Schraubenverbindung.“
Das Kriechen, vor allem bei Leitern, ist eine der größten Herausforderungen, denen sich das Unternehmen Mosdorfer stellen muss, das Energieunternehmen und Übertragungsnetzbetreiber (TSOs) weltweit mit Spanntürmen und Pylonen, Spannfedern, Halterungen aus Niedrigtemperaturstahl, Vibrationsdämpfern und Aufhängungen für Niedrigspannungsleitungen beliefert. Hinzu kommt, dass sich die Qualität und die Mittel der Installation bei Überlandleitungen von Land zu Land enorm unterscheiden.
„In Europa sind die Monteure im Großen und Ganzen gut ausgebildet und verwenden Kabelwagen, um die Dämpfsysteme an den Leitern zu installieren, was ihnen die Arbeit enorm erleichtert“, erklärt er. „In anderen Ländern müssen die Monteure jedoch zu den Leiterbündeln hinauf klettern und in einer Höhe von 30 bis 40 m arbeiten. Wenn die Schrauben nicht korrekt angezogen sind, ist die Gefahr groß, dass sich die Klemme löst und die Leiter beschädigt werden oder komplett ausfallen. Es werden zahlreiche Mittel zum Einsparen von Kosten eingesetzt, die letztendlich jedoch ein höheres Risiko mit sich bringen, dass das Produkt versagt.“
Zu Mosdorfers wichtigsten Produkten gehören dämpfende Feldabstandhalter in Leiterbündeln, mit denen die Leiter auf einem bestimmten Abstand zueinander auf der Überlandleitung gehalten werden und die dazu dienen, die Energie in den Leitern abzuleiten. „Dies sind äußerst wichtige Produkte, denn wenn die Leiter nicht gedämpft und die winderregten Schwingungen nicht abgeleitet werden, führt dies im schlimmsten Fall dazu, dass die Leitern herunterfallen und die Leitung somit für Stunden oder sogar Tage ausfällt“, erklärt Troppauer.
Die dämpfenden Feldabstandhalter sind mit Seilklemmen versehen, die an die Leiter angeschraubt werden. Die Scharniergelenke werden mit Schrauben und Muttern angezogen. Die Leiter sind häufig sehr dynamisch und haben die Tendenz, aufgrund der winderregten Schwingungen zu vibrieren. Wenn die Verbindung nicht robust ist, besteht hier die Gefahr, dass sich die Schraube lockert.
Die Leiter werden zwischen zwei Türmen gespannt, die zwischen 30 und 80 m hoch sind; sie sind Gewichte mit statischen Lasten, die extremen Temperaturschwankungen standhalten müssen. Zu Spitzenzeiten wie z. B. um die Mittagszeit, werden die Leiter aufgrund des hohen Energiebedarfs warm, während sie nachts aufgrund des geringen Strombedarfs und der kühleren Nachttemperaturen abkühlen. Bei Temperaturunterschieden von 50 bis 70 Grad Celsius kann dies in einem schnellen Leiterkriechen resultieren.
Leiterkriechen aufgrund von ständig wechselnden Temperaturen kann dazu führen, dass der Durchmesser der Klemme abnimmt und an Vorspannung verliert. Das Kriechen wird zudem dadurch bedingt, dass die Leiter aus Aluminium bestehen, einem relativ günstigen, leichten Material mit hoher Leitfähigkeit und hohem Korrosionswiderstand.
„In unserer Branche haben wir Millionen von diesen Schraubenverbindungen, daher stellt jede Schraubenverbindung, die sich lockert, ein erhebliches Risiko dar, dass sich die Schraube löst. Wenn die Relaxation zu stark wird und sich die Schraube löst, kann dies dazu führen, dass die Klemme auf der Leiter zu Rutschen beginnt. Und auch wenn sie sich nur einen Millimeter bewegt, wird dies den Aluminiumleiter beschädigen, was ein ernsthaftes Problem darstellt“, fährt Troppauer fort.
„Als wir uns genauer mit diesem Problem beschäftigten, stellten wir fest, dass die Sicherungsscheibe zusätzliche Elastizität benötigt, wenn wir das Kriechen vermeiden wollen. Wir mussten ein alternatives Produkt entwickelt, dass die Fehler kompensiert, die während des Installationsprozesses auftreten und das extremen Wetterbedingungen und hohen Lasten in diesen schwierigen Applikationen widersteht“, fährt er fort.
Nord-Lock hat kürzlich die patentierten X-series Keilsicherungsfederscheiben eingeführt, bei denen eine einzigartige Keilsicherungswirkung mit einer hervorragenden Federwirkung kombiniert wurde. Die Sicherungsscheiben der X-series wurden eigens zum Schutz von Schraubenverbindungen vor spontanem Lösen entwickelt und kompensieren den Verlust an Vorspannung, der durch das Lockern verursacht wird. „Die X-series ist das Ergebnis unseres Vorhabens, ein System zu entwickeln, bei dem Unsicherheiten eliminiert werden“, erklärt Maxime Thonnerieux, der hinter der Entwicklung der X-series steht. „Abgesehen von Vibration und dynamischen Beanspruchungen ermöglicht uns die X-series, Kunden mit unterschiedlichsten schwierigen Applikationsbereichen zu helfen wie z. B. bei lackierten oder pulverbeschichteten Oberflächen, weichen Metallen, Kompositstoffen und Polymeren.“
Wolfgang Troppauer und sein Team haben vor kurzem die Sicherungswirkung und das statische und dynamische Verhalten der neuen X-series Keilsicherungsscheiben im Mosdorfer Vibrationstestlabor in Österreich getestet. Das endgültige Ergebnis wird 2013 vorliegen.
„Da die meisten unserer Produkte auf eine Lebensdauer von 30 bis 50 Jahren ausgelegt sind, müssen wir bei den Tests eine 30-Jahre-Umgebung simulieren. Sobald sie in den Hochspannungsleitungen installiert sind, können die Leitungen nicht einfach abgeschaltet werden und die Menschen für Stunden ohne Strom sein“, erklärt Troppauer und fügt hinzu, dass die Ergebnisse bislang äußerst vielversprechend sind.
Lockerung: eine Erklärung
Lockerung entsteht durch den Verlust der Vorspannung aufgrund von plastischen Deformationen ohne jegliche Drehbewegung und kann unter anderem zum Lösen einer Verbindung führen. Es gibt drei Mechanismen, die eine Lockerung verursachen können:
- Setzerscheinungen. Dies wird durch die plastische Deformation der Oberfläche in den Trennfugen verursacht. Die Setzerscheinungen verändern die Länge der geklemmten Teile. Der daraus resultierende Verlust der Vorspannung kann durch das Messen der Schraubenlänge ermittelt werden.
- Relaxation. Durch die Umformung des Kristallgitters des Materials wird die vorliegende elastische Deformation im Laufe der Zeit in plastische Deformation umgewandelt. Die Relaxation verändert weder die Länge der Schraube noch die der geklemmten Teile, daher ist es nicht möglich, den Verlust der Vorspannung zu ermitteln. Aus diesem Grund ist die Relaxation bei Schraubenverbindung ein wichtiger Faktor.
- Kriechen. Die Umformung des Kristallgitters des Materials führt im Laufe der Zeit zu einer plastischen Deformation. Durch das Kriechen verändert sich die Länge der geklemmten Teile und der Schraube. Der Verlust der Vorspannung kann durch Messen der Schraubenlänge ermittelt werden.
In Schraubenverbindungen treten Kriechen und Relaxation gleichzeitig auf, daher fallen beide unter die selbe Kategorie von Relaxation, d. h. den Verlust der Vorspannung durch plastische Deformation aufgrund der im Laufe der Zeit eintretenden Restrukturierung des Materials.
FAKTEN: ÜBER MOSDORFER
Mosdorfer wurde 1712 gegründet und stellte anfangs Messer und Klingen her, bevor das Unternehmen nach dem 2. Weltkrieg mit der Produktion von Maschinenteilen begann. Mosdorfer ist auf Zubehör für Überlandleitungen spezialisiert und beliefert Energie- und Netzunternehmen, Vertragsunternehmen und Großhändler auf der ganzen Welt. Das Unternehmen produziert über 30.000 verschiedene Arten von Halterungen für Überlandleitungen von 1 kV bis zu 1200 kV. Außerdem stellt es Niedrigtemperaturstahlhalterungen, Vibrationsdämpfer und Aufhängungen für Niederspannungsleitungen her. Mosdorfer hat Kunden auf der ganzen Welt, jedoch hauptsächlich in Europa, Fernost, Indien, USA, Südamerika und Kanada. Das Unternehmen hat seinen Sitz zwei Stunden südlich von Wien in Österreich.
KOMBINATION AUS KEIL-WIRKUNG UND FEDERKRAFT
die neu patentierten X-series Keilsicherungsfederscheiben aus dem Hause Nord-Lock vereinen zwei unterschiedliche Technologien. Die Keilsicherungswirkung, welche das spontane Lösen einer Schraubenverbindung verhindert und die einzigartige Federwirkung, welche eine Lockerung der Schraubenverbindung aufgrund von Setzerscheinungen und Relaxation vermeidet. Diese einzigartige Kombination bedeutet, dass die X-series die höchste Sicherheit für kritische Schraubenverbindungen bietet.
Genau wie bei den Nord-Lock Original Keilsicherungsscheiben ist jede Scheibe auf der einen Seite mit Keilflächen und auf der anderen Seite mit Radialrippen versehen, die dafür sorgen, dass die Schraubenverbindung durch Vorspannkraft und nicht durch Reibung gesichert wird. Die konische Form der X-series Keilsicherungsscheiben sorgt zudem für eine elastische Reserve in der Schraubenverbindung, um den Verlust der Vorspannung zu kompensieren und einer Lockerung vorzubeugen.
How it works
Beim Anziehen der Schraube werden die Scheiben abgeflacht und die Radialrippen prägen sich in die Kontaktfläche. Da der Keilwinkel (α) größer ist als die Gewindesteigung (β), verhindert der Keilsicherungseffekt jegliche Rotation der Schraube. Direkt nach dem Anziehen setzt sich die Schraubenverbindung. Diese Setzerscheinungen werden durch die Federwirkung der Keilsicherungsfederscheiben ausgeglichen. Der Federeffekt (Fs) wirkt den Setzungserscheinungen (ΔL) der Schraubenverbindung entgegen, dadurch wird ein Verlust der Klemmkraft in der Schraubenverbindung verhindert. Diese Mehrfachfunktion wirkt kontinuierlich auf die Schraubenverbindung, um die Klemmkraft aufrechtzuerhalten und ein spontanes Lösen der Schraube zu verhindern. Die Keilsicherungsfederscheiben bieten somit eine effektive Lösung bei Vibration, dynamischen Beanspruchungen, Setzerscheinungen und Relaxation.