Elektrifizierung im bergbau – Zündfunken einer kohlenstoffarmen zukunft

Die Notwendigkeit erneuerbarer Energien und die steigende Nachfrage nach Mineralien lassen sich auf den ersten Blick nur schwer miteinander vereinbaren. Der Bergbau ist für die Entwicklung umweltfreundlicher Technologien wie Solarzellen, Windkrafträder und Lithium-Ionen-Akkus unerlässlich. Aber die Branche muss ihre Dekarbonisierung vorantreiben, um die globalen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Während Sie diesen Artikel lesen, bewegt sich die Weltbevölkerung auf die Marke von 8 Milliarden Menschen zu. Aktuelle Prognosen legen nahe, dass die Zahl bis 2050 auf 9 bis 10 Milliarden ansteigen wird. Um den wachsenden Anforderungen dieser Entwicklung gerecht zu werden, ist es notwendig, die Produktion in nahezu allen Bereichen erheblich zu steigern.

Und damit rückt die Bergbauindustrie in den Mittelpunkt des Geschehens. Denn, ein Sprichwort sagt: Was nicht angebaut wird, wird abgebaut. Wenn also beispielsweise die wachsende globale Mittelschicht die Nachfrage nach Produkten wie Smartphones und Autos in die Höhe treibt, führt das zu einer massiven Nachfrage nach Metallen und Mineralien.

Verstärkt wird diese Nachfrage durch Trends wie Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft sowie durch die sogenannte saubere Energiewende, die eine emissionsfreie Zukunft zum Ziel hat. Energieverbrauch und -gewinnung sind heute für zwei Drittel der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich, 81 Prozent des weltweiten Energiemixes stammen nach wie vor aus fossilen Brennstoffen. Es muss sich also etwas ändern, wenn wir die Ziele des Pariser Abkommens, wie die Begrenzung des durchschnittlichen Temperaturanstiegs auf der Erde, erreichen wollen.

 

Wachsende Nachfrage nach sauberer Energie

Künftig wird es immer schwieriger sein, die Nachfrage nach sauberer und erneuerbarer Energie zu decken. Nach Schätzungen der Weltbank könnte der Abbau von Graphit, Lithium, Kobalt und anderen Mineralien bis 2050 um sage und schreibe 500 Prozent zunehmen.

Diese Mineralien werden für die Herstellung von Geräten wie Solarmodulen und Windkraftanlagen benötigt, aber auch für Lithium-Ionen-Akkus, die für eine saubere Energiewende und etwa den Antrieb von Elektrofahrzeugen unerlässlich sind.

Recycling und Wiederverwendung können zwar einen Teil des Bedarfs decken, aber dennoch muss der Abbau der benötigten Mineralien und Metalle erheblich ausgeweitet werden. Und hier liegt das Problem: Die Bergbauindustrie ist nicht gerade für ihre Umweltfreundlichkeit bekannt. Die scheinbar unvermeidliche zukünftige Konvergenz von sauberer Energie und Bergbau mag daher wie eine ungeliebte Zweckehe erscheinen.

 

Verbesserung der Klima- und Materialbilanz

Doch die Zeichen in der Bergbauindustrie stehen auf Wandel. Neben Sicherheit und Produktivität setzen sich Ziele wie Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung immer mehr durch. Mit dem wachsenden Umwelt und Klimabewusstsein steigt der Druck durch Regierungen,Investoren, die Öffentlichkeit und andere Interessengruppen.

Viele Initiativen setzen sich für eine positive Entwicklung ein, darunter zum Beispiel die Initiative Climate-Smart Mining (CSM) der Weltbank für klimagerechten Bergbau. Sie unterstützt „den verantwortungsvollen Abbau, die Verarbeitung und das Recycling von Mineralien, die für kohlenstoffarme Technologien benötigt werden, indem die Klima- und Materialbilanz von der Gewinnung bis zur Endnutzung durch technische Verbesserungen und Investitionen in mineralienreichen Entwicklungsländern verbessert wird.

Die CSM hat zwölf klimagerechte Bausteine definiert, die wiederum in vier Gruppen unterteilt sind:

Sie ergänzen mehrere der Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) der Vereinten Nationen, insbesondere SDG 7 (Zugang zu bezahlbarer und sauberer Energie) und SDG 13 (Maßnahmen zum Klimaschutz).

 

Berücksichtigung der gesamten Lieferkette

In einem Interview mit mining-technology.com sagt Riccardo Puliti, Global Director Energy and Extractive Industries bei der Weltbank, eine weltweite Umstellung auf saubere Fördertechniken werde schwierig sein. Es gebe einfach zu viele Variablen.

Dennoch sagt er: „Es ist wichtig, die gesamte Lieferkette der Mineralien zu berücksichtigen, um negative Auswirkungen des Abbaus zu minimieren und verbesserte Verfahren zu fördern. Innovation findet zwar schon statt, aber eben noch nicht flächendeckend auf der ganzen Welt.“

„Das Know-how in Bezug auf die besten verfügbaren Technologien in diesem Bereich muss sich viel schneller und umfassender verbreiten und auch die Akzeptanz dieser Technologien muss weltweit steigen.“

Immer mehr Bergbauunternehmen werden jetzt sowohl im eigenen Betrieb als auch mit Blick auf die Wertschöpfungskette aktiv, um ihren CO2-Fußabdruck zu verringern und nachhaltiger zu werden. Initiativen wie die Umstellung auf kohlenstoffarme erneuerbare Energien und Innovationen zur Verbesserung der Effizienz und Produktivität bei der Gewinnung sind entscheidend, genauso wie beispielsweise ein wasser und forstwirtschaftlich intelligenter Bergbau, innovative Abfalllösungen und die Einführung eines stärker auf die Kreislaufwirtschaft ausgerichteten Geschäftsmodells.

 

Erwarteter positiver Beitrag

Die Australian BHP Group Limited war Pionierin in diesem Bereich und setzte sich bereits 1996 Emissionsziele. In ihrem Climate Transition Action Plan 2021 umreißt BHP ihren „strategischen Ansatz, die Netto[1]Treibhausgasemissionen in unserem Geschäft bis 2050 auf Null zu reduzieren und mit Kunden und Lieferanten zusammenzuarbeiten, um deren eigene CO2-Senkung zugunsten des Ziels der Nettonull in unserer gesamten Wertschöpfungskette voranzutreiben.“

Andere Branchengrößen, wie Anglo American und Rio Tinto, verfügen über umfassende Nachhaltigkeits[1]pläne. Erstere schreibt dazu:„Unsere Branche muss sich den kritischen Herausforderungen in puncto Sicherheit, Produktivität und Nutzung von Land, Energie und Wasser stellen.“

„Die Gesellschaft erwartet vom Bergbau heute zu Recht, dass er einen positiven Beitrag zur sozioökonomischen Entwicklung leistet, indem die Akteure in diesem Markt ihren ökologischen Fußabdruck verringern und die biologische Vielfalt fördern.“

In der Theorie mag das alles gut klingen, doch welche Veränderungen sind damit konkret verbunden?

 

Die Elektrifizierung des Bergbaus

Riccardo Puliti erwähnt die Verbreitung und Akzeptanz der besten verfügbaren Technologien. Umweltfreundlichere Geräte und Maschinen sind ein erster Schritt, und viele Bergbauunternehmen setzen bereits auf Elektro- statt auf Dieselfahrzeuge. Das bietet zahlreiche Vorteile.

Tatsächlich gilt die Elektrifizierung neben der Automatisierung und Digitalisierung als eine der entscheidenden technologischen Veränderungen der Branche.

Die geringeren CO2-Emissionen kommen der Umwelt zugute. Aber auch die Betriebskosten können durch die Elektrifizierung deutlich gesenkt werden, wenn der Bedarf an aufwändigen Belüftungssystemen unter Tage sinkt. Vor allem, wenn Minen immer tiefer graben müssen, um neue Vorkommen zu erreichen.

Ein weiterer Vorteil ist der bessere Arbeitsschutz für Fahrer und Bediener, die an ihrem Arbeitsplatz keinen Dieselabgasen mehr ausgesetzt sind. Außerdem sind batterieelektrische Fahrzeuge bei gleicher Ladekapazität meist kompakter.

 

Gemeinsam für den Wandel

Im Zuge der sauberen Energiewende setzen sich autonome und batterieelektrische Fahrzeuge immer mehr durch. Die Hersteller von Geräten und Ausrüstung sind daher auf Innovationen und Partnerschaften angewiesen, um ihre eigenen und die Bedürfnisse ihrer Kunden zu erfüllen.

Die Zahl der Partnerschaften und Kooperationen dürfte also zunehmen. So kündigte zum Beispiel Caterpillar im August 2021 eine Zusammenarbeit mit BHP an, bei der es darum geht, große, batteriebetriebene und damit emissionsfreie Bergbaufahrzeuge zu entwickeln.

Caterpillar schreibt dazu: „BHP erhält vorzeitig Zugang zu den von Caterpillar entwickelten emissionsfreien Fahrzeugen und liefert im Gegenzug Feedback für unsere Entwicklungs- und Testprozesse. Die damit verbundene enge Zusammenarbeit wird die Prozesse, die Technologie und die Infrastruktur prägen, die für die CO2-freien Maschinen und Bergwerke der Zukunft unerlässlich sind.“

 

Eine Zukunft, von der alle profitieren

Auch wenn der Wandel in Richtung eines klimagerechten Bergbaus allmählich an Fahrt gewinnt, liegt noch ein langer Weg vor uns. Es bleibt jedoch zu hoffen, dass die verschiedenen Initiativen der Branche und einzelner Unternehmen den Ball am Rollen halten werden.

Denn da die Nachfrage nach Mineralien und Metallen, zum Großteil bedingt durch die Maßnahmen im Rahmen der sauberen Energiewende, weiter steigt, muss die Bergbauindustrie einen nachhaltigeren Weg in die Zukunft finden.

In seinem Vorwort zum CSM-Bericht Minerals for Climate Action von 2020 kommt Riccardo Puliti zu dem Schluss: „Durch die Zusammenarbeit bei der Verbesserung der CO2- und Materialbilanz von Mineralien können wir den großflächigen Einsatz von erneuerbaren Energien und Batteriespeichertechnologien vorantreiben. Nur so lassen sich die ehrgeizigen Klimaziele erreichen und eine kohlenstoffarme Zukunft aufbauen, die allen zugutekommt.“