Thema Drehmoment
Das richtige Anzugsmoment ist entscheidend, um die Kontrolle und Zuverlässigkeit von Schraubverbindungen sicherzustellen. Der erfahrene Montagetechniker Bernard Tollet spricht über das Optimieren von Drehmoment und Vorspannkraft und die verschiedenen Aspekte, die bei den unterschiedlichen Anzugsverfahren berücksichtigt werden müssen.
In über zwanzig Jahren Arbeit mit Verbindungstechnologie hat sich Bernard Tollet noch nie gelangweilt. „Es gibt so viele Aspekte, in die man eingebunden ist: Design, Einkauf, Produktion und Qualitätssicherung“, erklärt der 57-Jährige, der auf eine lange Laufbahn bei Volvo Trucks zurückblicken kann. Derzeit ist er am technischen Zentrum für die Mechanische Industrie (CETIM) im französischen Saint-Etienne als Montagetechniker tätig. „Ich habe in allen vier Abteilungen gearbeitet und wurde immer wieder vor neue Aufgaben gestellt, weil sich die Dinge ständig weiterentwickeln.“
Tollets lange erfahrung hat ihn gelehrt, dass die meisten Ermüdungsfehler von Schrauben durch falsches Montieren oder Anziehen verursacht werden. Daher müssen sich Hersteller vor allem auf ihre Schraubenbefestigungs- und Anzugsprozesse konzentrieren, um Ermüdungsfehler in ihren Schraubverbindungen zu reduzieren. Während andere Ursachen für Ermüdungsfehler führen können wie z.B. fehlerhafte Schrauben, Kontrolle der Verbindung, Oberflächenbehandlung, Konstruktion, Materialwahl und Einsatzbedingungen, steht fehlerhaftes Anziehen für mehr als die Hälfte aller Vorfälle.
Aber wie stellt man sicher, dass Schrauben korrekt angezogen werden?
Tollet nennt drei wichtige Schritte, die für eine dauerhaft haltbare Verbindung erforderlich sind.
Der erste Schritt zum Erreichen eines kontrollierten Schraubenanzugs ist natürlich das Überprüfen der Konstruktion und der Dimensionierung der Verbindung, um sicherzustellen, dass der angestrebte Vorspannungswert korrekt ist. Der zweite Schritt ist das Kontrollieren der Verbindungselemente und der dritte die Kontrolle der Werkzeuge und der Anzugsmethode.
„Ein konstrukteur stellt sich folgende frage: ‚Welche Vorspannkraft benötige ich, damit die Verbindung statischen und dynamischen Einflüssen widersteht?‘“ erklärt Tollet. „Während für die Montage nur wichtig ist, wie die erforderliche Vorspannkraft der Schraubverbindung mithilfe vorhandener Werkzeuge erreicht werden kann.“
Die Kontrolle der Verbindung ist normalerweise mit der Kontrolle des Spannungs-/Drehmomentverhältnisses verbunden (siehe Abb. 1, umseitig), d. h. mit der in der Verbindung vorliegenden Reibung. Schmierung ist der gebräuchlichste Weg, reduzierte und konstante Reibungsverhältnisse in der Verbindung zu erreichen. Eine geringere Reibung reduziert das Drehmoment, das zum Erreichen der entsprechenden Vorspannkraft erforderlich ist. Dadurch wird eine bessere Reproduzierbarkeit der Schraubergebnisse ermöglicht. Ein anderes Verfahren, die Reibung zu reduzieren, ist das Beschichten der Befestigungselemente. „Nur 20% der Schrauben und Muttern, die in Europa verkauft werden, entsprechen dem vorgegebenen Reibungskoeffizienten (einer Oberflächenbehandlung zur Kontrolle der Reibung)“, erklärt Tollet. „Diese Befestigungselemente werden vor allem in der Eisenbahn-, Automobil-, Flugzeug- und Stahlbauindustrie verwendet. Dazu kommt, dass eine Oberflächenbehandlung zur Kontrolle der Reibung einer Kostensteigerung von nur 3–5% der Grundkosten eines Befestigungselements entspricht. Die Wahl des Befestigungselements und die Verifikation der Spezifikationen liegen in der Verantwortung der Konstruktions- und der Vertriebsabteilung.“
Um die passenden Werkzeuge und die optimale Anzugsmethode zu ermitteln, müssen sämtliche Eigenschaften und Parameter des Anzugsprozesses untersucht werden. Die gebräuchlichste Anzugsmethode ist das Drehmomentverfahren, bei dem ein vorgegebenes Drehmoment aufgebracht wird, um die so genannte Vorspannung oder Klemmkraft zu erreichen. Dies ist die vom Konstrukteur spezifizierte Vorspannkraft, die in einer Verbindung herrschen muss, um die optimale Ausnutzung der Schraubverbindung zu erreichen. Laut Tollet reicht es normalerweise aus, zum Aufbringen des korrekten Anzugsmoments kalibrierte Werkzeuge zu verwenden, um in den meisten in der Industrie verwendeten Schraubverbindungen die adäquate Vorspannkraft zu erreichen. Es gibt jedoch Fälle, bei denen die Funktion der Schraubverbindungen nur geringe Drehmomentschwankungen erlaubt (siehe Abb. 2 oben). „Techniker müssen sicher sein können, dass die in der Produktion erreichte Vorspannkraft innerhalb der erforderlichen Toleranz liegt. In diesen Fällen kann es von Vorteil sein, das Drehmoment mit einer anderen Anzugsmethode zu erreichen, die genauer oder besser für die jeweiligen Produktionsvorgaben geeignet ist. Die Hauptverantwortung für die Wahl der Werkzeuge liegt bei der Produktionsabteilung. Sie muss sicherstellen, dass die Verbindung auf das erforderliche Anzugsmoment angezogen wurde. Ebenso muss Sie sicherstellen, dass keine Verbindung zweimal angezogen wurde und dass alle anderen Teile der Schraubverbindung (vor allem die Sicherungsscheiben) montiert wurden.
Business Case Schraubenanzug
- Gemäß der so genannten 20/80-Regel spielt bei bis zu ca. 80% aller Schraubverbindungen die Endmontage keine wichtige Rolle.
- Die installierte Vorspannung muss den funktionellen Anforderungen entsprechen, die von den Konstrukteuren vorgegeben werden.
- Effiziente Methoden zum Erreichen der entsprechenden Vorspannkraft bei Schraubverbindungen sind:
- Herkömmliches Ansetzen eines Drehmoments
- in Kombination mit Vorspannung und Winkelanzug
- oder mittels direkter Schraubendehnung.
- Es gibt verschiedene Methoden, mit deren Hilfe die Abweichung der erreichten Vorspannungsspannbreite mit unterschiedlichem Ergebnis reduziert werden kann. Da die Methode, bei der ein bestimmtes Drehmoment angesetzt wird, in hohem Maß von den Reibungsvorgaben der Schrauben und vom Geschick des Monteurs abhängig ist, kann hier die endgültige Abweichung nur um 10–20% reduziert werden. Durch die Umstellung vom Anziehen mit einem bestimmten Drehmoment auf eine Kombinationsmethode (Drehmoment und Winkel) kann eine Reduktion von ca. 50% erreicht werden.
- Schmierung ist äußerst wichtig. Durch das Reduzieren der Reibung wird ein höherer Prozentsatz des angesetzten Drehmoments zum Erreichen der Vorspannung umgesetzt.
- Produzenten sollten bei der Wahl unterschiedlicher Anzugsmethoden ihre Anforderungen berücksichtigen und nicht nur die Werkzeuge.