So ermitteln sie die richtige grösse
Im Maschinenbau, bei der Fertigung und der Konstruktion macht man sich häufig wenig Gedanken über Schraubverbindungen. Werden Verbindungen mithilfe eines einfachen Schraubverbunds aus Schrauben und Muttern zusammengehalten, besteht bisweilen die Tendenz, die Komplexität des Systems zu unterschätzen. Ein häufig gemachter Fehler ist das Überdimensionieren der Schraube, was zu teuren Ausfällen und Reklamationen führen kann.
Am morgen des 7. NOVEMBER 1940 fegte ein Wind durch die Tacoma Narrows zwischen Tacoma und der Kitsap-Halbinsel im amerikanischen Bundesstaat Washington. Kein besonders starker Wind, der aber dennoch die kürzlich eröffnete doppelspurige Hängebrücke über den Sund in Schwingung versetzte. Barney Elliott, der Eigentümer des örtlichen Fotogeschäfts, holte seine Kamera hervor und fotografierte den Vorfall und schuf so ein einzigartiges, historisches Dokument.
Es war schon vorher aufgefallen, dass es an der Brücke an windigen Tagen zu Schwingungen und Verwerfungen kam. An diesem besonderen Tag ging die Drehbewegung jedoch in eine sogenannte Torsionsschwingung über, die dazu führte, dass die Brücke zusammenstürzte. Glücklicherweise kam niemand zu Schaden.
Ein Artikel, der 2008 im Journal of Sound and Vibration veröffentlicht wurde, verdeutlicht, dass der Kollaps durch selbsterregte Schwingungen verursacht wurde, die durch den Schlupf des nördlichen mittleren Spannkabels (aufgrund des Verlusts der Reibungshaftung) verstärkt wurden. Die Schrauben, welche die Kabel zusammenhielten, wurden Kräften ausgesetzt, die deren Belastbarkeit überstiegen. Der Zusammensturz der Tacoma-Narrows-Brücke dient auch heute noch als abschreckendes Beispiel und Lehrstück für angehende Bauingenieure.
Eine Schraube muss auf ihre vorgegebene Vorspannung angezogen werden, damit eine Vorspannkraft auf die Verbindung ausgeübt wird, um eine optimale Funktionalität zu erreichen. Jede Abweichung führt zu einer Schwächung der Verbindung. In einer Schraubverbindung lastet auf der voll angezogenen Schraube nur ein kleiner Teil der externen Kräfte, die auf die Verbindung einwirken. Die beiden Extreme sind einerseits eine harte Verbindung, bei der die Schraube aus einem Material mit geringer Steifigkeit und die Verbindung aus Material mit hoher Steifigkeit besteht sowie andererseits eine weiche Verbindung, bei der die Schraube aus Material mit hoher Steifigkeit und die Verbindung aus Material mit geringer Steifigkeit besteht. Im ersten Fall hält die Schraube nur einem geringen Teil der steigenden externen Belastung stand, im zweiten Fall hält die Schraube dem größten Teil der steigenden externen Belastung stand.
Bill Eccles, ein BERATER im Bereich Schraubverbindungen und Gründer der britischen Website Bolt Science, ist einer der führenden unabhängigen Experten für Schraubverbindungstechnologie. Seiner Meinung nach ist es wichtig, die Kräfte, die auf eine Schraubverbindung einwirken sowie deren Verhältnis zueinander zu verstehen und zu berechnen, um die geeignete Schraubengröße zu bestimmen.
„Eine Schraube hat normalerweise die Funktion, eine Vorspannkraft auf eine Verbindung auszuüben, damit es beim Einwirken externer Belastungen nicht zu einer Trennung oder einer Verschiebung innerhalb der Verbindung kommt. Die Schraube wird beim Anziehen unter Spannung gesetzt und leicht gedehnt, um eine optimale Zugkraft auf die Verbindung auszuüben.“
Die Verwendung einer möglichst großen Schraube ist laut Bill Eccles keine optimale Lösung.
„Wenn eine Schraube zu groß ist, wirkt sich das nicht nur auf die Kosten aus. Wichtig ist auch, dass die Dehnfähigkeit der Schraube in dem Maß abnimmt, in dem sie im Verhältnis zu einer bestimmten Materialstärke größer wird. Dies wird durch die Tatsache verkompliziert, dass es in jeder Schraubverbindung zu einer Lösung der Verbindung oder einem Verlust der Vorspannkraft kommt, d. h. dass selbst wenn eine Schraube voll angezogen ist, das Material der Verbindung im Laufe der Zeit unter Druck etwas nachgibt. Da mit zunehmender Schraubengröße deren Dehnfähigkeit abnimmt, kann dies zu einer möglichen Lösung der Schraubverbindung und zur Bildung eines Spalts führen.“
Aber was passiert, wenn man eine kleinere Schraube verwendet?
„Bei einer kleineren Schraube führt der Relaxationsverlust zu einem gewissen Verlust der Spannung, der aber nicht die gleiche Auswirkung hat, da die Schraube eine höhere Dehnfähigkeit besitzt.“
Dr Jeff Vogwell ist Dozent an der britischen Bath University am Fachbereich Maschinenbau. Seiner Meinung nach wird die erforderliche Schraubengröße im Allgemeinen von der Materialstärke der Schraube vorgegeben. „Die verwendete Schraubengröße kann beeinflussen, wie viel Vorspannkraft angelegt werden muss – als Daumenregel gilt, je größer der Schraubendurchmesser, je höher die Vorspannkraft, die angelegt werden kann.“
Eine stabile Schraubverbindung zeichnet sich laut Vogwell dadurch aus, dass die Schraube unter Vorspannung steht und somit die Teile der Verbindung durch Kompression verklemmt werden.
Reibung zwischen den zusammen geklemmten Teilen sorgt dafür, dass die Verbindung Scherkräften widersteht und die Schraube somit geschützt wird. Eine Kraft, die danach strebt, die Bauteile zu trennen, muss zuerst die Teile „entkomprimieren“ – wodurch die Schraube bei variierender externer Belastung vor einer Ermüdung des Metalls geschützt wird.
„Ein gutes Beispiel ist das Anziehen der Schrauben bei der Montage eines Zylinderkopfs im Motorblock eines Autos – ein hohes Anzugsdrehmoment ist erwünscht, um der Kraft Stand zu halten, die während eines Takts durch den Gasdruck in den Motorzylindern entsteht.“
Nobuyoshi Niina arbeitet als Mechanical Metier Manager bei Schlumberger im Stonehouse Technology Center im britischen Gloucestershire – einem Fachzentrum für Bohrtechnologie, das die Schlumberger Oilfield Services unterstützt.
Das Zentrum arbeitet zum großen Teil mit der Entwicklung und Prüfung von Bohrausrüstung, wobei Schraubverbindungen einen wichtigen Bereich darstellen.
„Schraubverbindungen spielen in Bohrwerkzeugen eine entscheidende Rolle, da sie extremen Bedingungen wie hohen Temperaturen, Druck, Schlägen und Vibrationen standhalten müssen. Im laufenden Betrieb ist der Ausfall eines Bohrwerkzeugs im Hinblick auf Arbeitsstunden ein teurer Spaß und ein Wiederanlauf ist so gut wie unmöglich“. Bei der Berechnung möglichst starker Schraubverbindungen werden unterschiedliche Methoden eingesetzt.
„Von einem Rechner wird die erforderliche Vorspannkraft für die Applikation auf Grundlage eines komplexen Algorithmus berechnet und modelliert, und es werden Losdrehsicherungen wie Nord-Lock Sicherungsscheibensysteme verwendet, um das ‚Ausschlagen‘ zu verhindern, welches durch lose Schrauben entsteht“, schließt Nobuyoshi Niina ab.
SO ERMITTELN SIE DIE RICHTIGE SCHRAUBENGRÖßE
Die funktion einer schraubverbindung ist das Zusammenpressen von zwei oder mehr Teilen. Die spezielle Aufgabe einer Schraube ist es, eine Vorspannkraft auf die Verbindung auszuüben und Belastungen durch Abscheren, Verbiegen oder exzessive dynamische Belastungen zu widerstehen.
Bei der Wahl der richtigen Schraube kommt es vor allem auf deren Vorspannkraft an, die so stark sein muss, dass sich die zusammengepressten Teile nicht gegeneinander verschieben oder teilen, wenn die Verbindung externen Belastungen ausgesetzt wird. Es ist immer von Vorteil, eine Schraube mit einem kleinen Durchmesser und einer großen Klemmlänge zu wählen, um den Verlust der Klemmkraft aufgrund von Senkungen zu verhindern und eine elastische Verbindung zu schaffen, die Vibrationen und auf die Verbindung einwirkende Kräfte kompensieren kann. Eine zu große Schraube erreicht die vorgegebene Vorspannkraft mit geringerer Dehnung als eine Schraube mit kleinerem Durchmesser. Daher kommt es in diesem Fall selbst bei einer geringen Senkung zu einer deutlichen Verschlechterung der Vorspannkraft. Außerdem nimmt die Schraube einen größeren Teil der Belastung auf als die zusammen gepressten Teile, da eine dicke Schraube weniger elastisch ist als eine dünne, was zu einer Ermüdung der Schraube führen kann.
Die Wahl einer zu großen Schraube hat nicht immer eine Erhöhung der Vorspannkraft und somit einer richtig ausgelegten Schraubverbindung zur Folge. Stattdessen erhält man häufig eine Verbindung mit geringerer Vorspannkraft und einem hohen Risiko der Materialermüdung, die zudem teurer und schwieriger anzuziehen ist.
So wählen Sie die richtige Schraube für die Verbindung:
- Identifizieren Sie als erstes die Art der Belastung
- Bestimmen Sie die erforderliche Vorspannkraft für die Verbindung
- Wählen Sie den geringsten Schraubendurchmesser, der die gewünschte Vorspannkraft erreichen kann
- Wählen Sie eine effiziente Schraubensicherungsmethode
- Bestimmen Sie die Anzugsmethode,die am besten für die Applikation geeignet ist